Urteil bezüglich Verfall von Urlaubstagen
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 20.12.2022 per Urteil 48/22 (www.bundesarbeitsgericht.de/presse/verjaehrung-von-urlaubsanspruechen/) entschieden, dass Urlaubstage nicht mehr automatisch verfallen dürfen. Das bedeutet, dass Arbeitnehmende ihre Urlaubstage nicht mehr zwangsläufig verlieren können, wenn sie diese innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht genommen haben. Ein Arbeitgebender ist zunächst verpflichtet, die Arbeitnehmenden auf ihren Resturlaub hinzuweisen und ihnen mitzuteilen, dass sie diesen Urlaubsanspruch nutzen müssen, um ihrer Gesundheit Rechnung zu tragen. Dem Arbeitgebenden obliegt die Fürsorgepflicht für seine Mitarbeitenden. Beantragt ein Arbeitnehmender dennoch keinen Urlaub, kann dieser nach der gesetzlichen Regelung nach drei Jahren verfallen.
Wörtlich heißt es hierzu vom Bundesarbeitsgericht: „Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt der gesetzlichen Verjährung. Allerdings beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.“ (www.bundesarbeitsgericht.de/presse/verjaehrung-von-urlaubsanspruechen/)
Mit dieser Entscheidung folgt das BAG dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), der mit dem Aktenzeichen C-619/16 bereits in 2018 ein entsprechendes Urteil erließ. Außerdem folgt das BAG einer Vorgabe des EuGH vom September 2022, Urteil zur Rechtssache C-120/21 (www.curia.europa.eu/juris/document/).
Dies ist eine wichtige Entscheidung, da es viele Arbeitnehmende gibt, die aufgrund beruflicher Verpflichtungen oder persönlicher Gründe ihren Urlaub nicht immer innerhalb des Jahres bzw. der Drei-Jahres-Frist nehmen können oder wollen. Mit dieser Entscheidung werden Arbeitnehmende in die Lage versetzt, ihren Urlaub flexibler zu gestalten. Außerdem werden Arbeitgebende an ihre Fürsorgepflicht erinnert.
Das Urteil betrifft alle Arbeitnehmenden, unabhängig davon, ob sie in einem Unternehmen mit oder ohne Tarifvertrag arbeiten. Es ist jedoch zu beachten, dass das Urteil nicht rückwirkend gilt und dass Arbeitnehmende, die in der Vergangenheit bereits verfallene Urlaubstage hatten, diese nicht automatisch zurückerhalten werden.
Es ist zu erwarten, dass sich Unternehmen und Arbeitgebende an diese Entscheidung halten und ihre internen Regelungen entsprechend anpassen werden. Arbeitnehmende sollten sich daher an ihre Vorgesetzten oder Personalabteilung wenden, um zu erfahren, wie das Urteil in ihrem Unternehmen umgesetzt wird.
Insgesamt ist das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Flexibilität für Arbeitnehmende. Es ermöglicht ihnen, ihren Urlaub flexibler zu gestalten und ihre beruflichen und persönlichen Verpflichtungen besser in Einklang zu bringen. Außerdem bewertet es die Fürsorgepflicht der Arbeitgebenden neu und höher.
Zu den Urteilen des EuGH ist ergänzend zu sagen, dass die Entscheidungen für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verbindlich sind und diese somit auch Auswirkungen auf das deutsche Arbeitsrecht haben.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts stellt also sicher, dass die Entscheidung des EuGH auch in Deutschland umgesetzt wird. Es gibt Arbeitnehmenden hierzulande also Klarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich ihrer Urlaubsansprüche.
Insgesamt ist die Entscheidung des EuGH ein wichtiger Schritt in Richtung eines harmonisierten Arbeitsrechts innerhalb der Europäischen Union und ermöglicht es Arbeitnehmenden in ganz Europa, ihren
Urlaub rechtskonform zu gestalten.
Lesen Sie hierzu auch den Vorabentscheid des BAG (Az.: 9 AZR 266/20) vom September 2020:
www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/