vBetriebsbedingte Kündigung
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
- Wann darf ein Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen?
- Dringende betriebliche Gründe: Was kann eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen?
- Prüfung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten
- Sozialauswahl: Wem wird bei einer betriebsbedingten Kündigung bevorzugt gekündigt?
- Form und Frist einer betriebsbedingten Kündigung
- Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung: Anspruch und Höhe
- Kündigungsschutzklage: Wie man sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehren kann
- Besonderer Kündigungsschutz und Kleinbetriebe
- Alternativen zur betriebsbedingten Kündigung
- Anspruch auf Arbeitslosengeld bei betriebsbedingter Kündigung
- Das Wichtigste zur betriebsbedingten Kündigung
1.Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
Die betriebsbedingte Kündigung stellt in Deutschland eine Möglichkeit dar, das Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer aus Gründen zu beenden, die nicht in der Person des Arbeitnehmers liegen. Die Ursache für eine solche Kündigung geht allein vom Arbeitgeber aus und liegt meist in der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens oder in strategischen Entscheidungen, die eine Reduzierung des Personalbestands notwendig machen. Bei der betriebsbedingten Kündigung ist das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ein wesentlicher Schutzmechanismus für Arbeitnehmer. Es stellt sicher, dass Kündigungen nur dann zulässig sind, wenn der Arbeitgeber alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt und begründete betriebliche Notwendigkeiten vorliegen.
2. Wann darf ein Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen?
Ein Arbeitgeber darf eine betriebsbedingte Kündigung nur dann aussprechen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Das Kündigungsschutzgesetz (§ 1 KSchG) verlangt, dass es sich um „dringende betriebliche Erfordernisse“ handeln muss, die die Fortführung des Arbeitsverhältnisses verhindern. Dies bedeutet, dass der Arbeitsplatz auf Dauer entfällt und die betriebsbedingten Gründe eine Weiterbeschäftigung verhindern. Im Gegensatz zur personen- oder verhaltensbedingten Kündigung ist der Grund also nicht im Verhalten oder der Leistung des Arbeitnehmers zu suchen, sondern vielmehr in wirtschaftlichen oder strukturellen Umständen auf Arbeitgeberseite. Die betriebsbedingte Kündigung gilt für Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern und Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate dort beschäftigt sind.
Vor der Kündigung muss der Arbeitgeber alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen, die eine Entlassung verhindern könnten. Hierzu gehört die Prüfung von Versetzungsmöglichkeiten, eine potenzielle Umschulung des Mitarbeiters oder eine Änderungskündigung, bei der der Arbeitsplatz zu geänderten Bedingungen erhalten bleibt. Der Arbeitgeber muss glaubhaft darlegen, dass keine freien Arbeitsplätze für den Arbeitnehmer verfügbar und dass alle betrieblichen Mittel ausgeschöpft sind. Betriebe, die in einem Konzern organisiert sind, müssen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in einem anderen Unternehmen nur dann anbieten, wenn eine Übernahmeverpflichtung ausdrücklich besteht oder vertraglich geregelt ist.
3. Dringende betriebliche Gründe: Was kann eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen?
Dringende betriebliche Erfordernisse können sowohl aus innerbetrieblichen als auch aus außerbetrieblichen Gründen entstehen. Sie müssen jedoch immer eine solide Grundlage haben, da Kündigungen, die willkürlich oder unzureichend begründet sind, vor Gericht keinen Bestand haben.
Innerbetriebliche Gründe: Diese betreffen Struktur und Organisation des Unternehmens. Beispiele hierfür sind die Schließung von Abteilungen oder Standorten, Produktionsverlagerungen, Rationalisierungen und technologische Neuerungen, die den Arbeitskräftebedarf verringern. Ein Arbeitgeber könnte sich beispielsweise entscheiden, eine bestimmte Abteilung auszulagern oder Aufgaben an externe Dienstleister abzugeben, was den Personalbedarf innerhalb des Betriebs reduziert. Auch Änderungen in der Produktion, wie die Einführung neuer Maschinen, die Arbeitsplätze effizienter machen, können innerbetriebliche Gründe darstellen.
Außerbetriebliche Gründe: Diese Gründe betreffen äußere Faktoren, auf die das Unternehmen nur begrenzten Einfluss hat, die aber dennoch zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen können. Dazu zählen wirtschaftliche Schwierigkeiten wie ein Rückgang der Auftragslage, sinkende Umsätze, Veränderungen in der Nachfrage oder wegfallende Subventionen. In Zeiten wirtschaftlicher Krisen, wie einer Rezession oder bei drastisch steigenden Energiekosten, kann es ebenfalls zu einem Personalüberhang kommen, was eine betriebsbedingte Kündigung notwendig macht.
In einem Kündigungsschutzprozess müssen Arbeitgeber genau darlegen, inwiefern diese Umstände tatsächlich dazu geführt haben, dass der konkrete Arbeitsplatz langfristig wegfällt. Eine einfache Behauptung, dass Umsätze rückläufig sind oder Aufträge ausbleiben, ist nicht ausreichend – der Arbeitgeber muss beweisen, dass der Beschäftigungsbedarf dauerhaft entfällt und dass seine Entscheidung durch klare, nachvollziehbare wirtschaftliche Erwägungen gestützt ist.
4. Prüfung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten
Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber alle anderen Möglichkeiten geprüft hat, um den Mitarbeiter weiter zu beschäftigen. Hierzu gehört die sogenannte Weiterbeschäftigungspflicht, die bedeutet, dass der Arbeitgeber nach einem freien Arbeitsplatz für den Mitarbeiter suchen muss, auch wenn dieser sich in einem anderen Bereich des Unternehmens befindet. Diese Verpflichtung erstreckt sich auf den gesamten Betrieb und schließt alle freien Positionen ein, die während der Kündigungsfrist frei werden könnten. Findet sich eine andere geeignete Stelle, muss der Arbeitgeber diese dem Arbeitnehmer anbieten – anderenfalls wird die Kündigung als sozial ungerechtfertigt eingestuft.
Falls eine Versetzung oder eine Weiterqualifizierung auf eine freie Position möglich wäre, darf der Arbeitgeber diese Optionen nicht ignorieren. Der Arbeitgeber ist sogar verpflichtet, bei Bedarf eine Umschulung oder Fortbildung anzubieten, sofern dies die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz ermöglicht. Es gibt jedoch keine konzernweite Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung, es sei denn, ein anderes Unternehmen im Konzern bietet ausdrücklich an, den betroffenen Arbeitnehmer zu übernehmen.
5. Sozialauswahl: Wem wird bei einer betriebsbedingten Kündigung bevorzugt gekündigt?
Die Sozialauswahl ist ein essenzieller Bestandteil der betriebsbedingten Kündigung und soll sicherstellen, dass Arbeitnehmer, die sozial schutzbedürftiger sind, vorrangig im Unternehmen verbleiben. Diese Auswahl ist gesetzlich geregelt und wird anhand von vier festen Kriterien durchgeführt: Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Arbeitgeber müssen hier ein gerechtes System anwenden, das die sozialen Umstände der Arbeitnehmer berücksichtigt.
Ein Punktesystem wird oft verwendet, um eine faire und transparente Auswahl zu gewährleisten. Arbeitnehmer mit geringer Betriebszugehörigkeit, jüngerem Alter, ohne Unterhaltspflichten und ohne Schwerbehinderung, erhalten in der Regel weniger Punkte und können somit vorrangig entlassen werden. Die Sozialauswahl muss jedoch nicht auf alle Mitarbeiter im Unternehmen angewendet werden. Bestimmte Arbeitnehmer können aufgrund besonderer Kenntnisse oder Funktionen von der Sozialauswahl ausgeschlossen werden, wenn ihre Weiterbeschäftigung im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Dieses Vorgehen wird als Leistungsträgerklausel bezeichnet und bezieht sich auf Schlüsselpositionen, deren Wegfall dem Betrieb schaden könnte.
6. Form und Frist einer betriebsbedingten Kündigung
Eine betriebsbedingte Kündigung unterliegt strengen formellen Anforderungen. Sie muss schriftlich erfolgen und klar zum Ausdruck bringen, dass das Arbeitsverhältnis dauerhaft beendet werden soll. Mündliche Kündigungen oder Kündigungen per SMS oder WhatsApp sind nicht zulässig, also rechtlich unwirksam. Die gesetzliche Kündigungsfrist richtet sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und beträgt beispielsweise vier Wochen zum Monatsende, bei einer Betriebszugehörigkeit von bis zu zwei Jahren. Nach zehn Jahren erhöht sich die Frist auf vier Monate, nach 20 Jahren auf sieben Monate.
Eine fristlose betriebsbedingte Kündigung ist in der Regel ausgeschlossen, da die betriebsbedingte Kündigung als „ultima ratio“ betrachtet wird und der Arbeitnehmer Anspruch auf Einhaltung der Kündigungsfrist hat. In seltenen Ausnahmen, in denen eine Weiterbeschäftigung nicht möglich und unzumutbar ist, kann der Arbeitgeber eine Auslauffrist gewähren.
7. Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung: Anspruch und Höhe
Eine betriebsbedingte Kündigung berechtigt den Arbeitnehmer häufig zu einer Abfindung. Gemäß § 1a KSchG können Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten, wenn sie auf eine Kündigungsschutzklage verzichten. Die Höhe dieser Abfindung beträgt per Gesetz und standardmäßig ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, wobei angefangene Jahre über sechs Monate hinweg auf ein volles Jahr aufgerundet werden.
Die Abfindung ist eine freiwillige Leistung, die der Arbeitgeber zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses anbieten kann, um mögliche rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Sie dient als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und wird in der Regel nicht als sozialversicherungspflichtiges Einkommen betrachtet. Viele Arbeitnehmer entscheiden sich aufgrund der Abfindung gegen eine Kündigungsschutzklage, wenn die Höhe der angebotenen Abfindung angemessen ist.
8. Kündigungsschutzklage: Wie man sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehren kann
Eine Kündigungsschutzklage ist das wichtigste Mittel für Arbeitnehmer, die sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung zur Wehr setzen wollen. Mit einer Kündigungsschutzklage kann der Arbeitnehmer vor Gericht feststellen lassen, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt oder unwirksam ist. Der Arbeitnehmer hat hierfür drei Wochen Zeit, um die Klage nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht einzureichen. Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung als akzeptiert.
In vielen Fällen endet ein Kündigungsschutzverfahren mit einem Vergleich, bei dem dem Arbeitnehmer eine höhere Abfindung oder andere Vorteile zugesprochen werden. Ein gerichtliches Urteil kann jedoch auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses festlegen, falls die Kündigung als sozial ungerechtfertigt anerkannt wird. Die Kosten einer Kündigungsschutzklage tragen in der ersten Instanz beide Parteien selbst. Eine Rechtsschutzversicherung kann hier jedoch unterstützend wirken und die Kosten übernehmen.
9. Besonderer Kündigungsschutz und Kleinbetriebe
Einige Arbeitnehmergruppen genießen einen besonderen Kündigungsschutz und können nur unter erschwerten Bedingungen gekündigt werden. Dazu zählen Schwangere, Mütter und Väter in der Elternzeit, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder und Angestellte mit besonderem Kündigungsschutz, wie er in manchen Tarifverträgen festgeschrieben ist. Um eine betriebsbedingte Kündigung bei diesen geschützten Gruppen durchzusetzen, muss der Arbeitgeber die Zustimmung der jeweiligen Institution einholen, z. B. des Integrationsamtes bei Schwerbehinderten.
In Kleinbetrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern gelten die allgemeinen Schutzregelungen des Kündigungsschutzgesetzes nicht. Auch wenn in Kleinbetrieben keine Sozialauswahl erforderlich ist, muss der Arbeitgeber den Grundsatz des allgemeinen Kündigungsschutzes beachten, das bedeutet, dass eine willkürliche oder diskriminierende Kündigung unwirksam wäre.
10. Alternativen zur betriebsbedingten Kündigung
Arbeitgeber müssen vor der Kündigung alternative Maßnahmen prüfen, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Hierzu zählen Kurzarbeit, Arbeitszeitverkürzungen, Versetzungen innerhalb des Unternehmens oder Umschulungen und Weiterbildungen. Auch ein freiwilliger Aufhebungsvertrag kann als Alternative dienen: In manchen Fällen bieten Arbeitgeber freiwillig Abfindungen an, um Mitarbeiter zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu motivieren, ohne eine Kündigung aussprechen zu müssen.
11. Anspruch auf Arbeitslosengeld bei betriebsbedingter Kündigung
Nach einer betriebsbedingten Kündigung haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie in den letzten 30 Monaten mindestens 12 Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Da die betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber veranlasst ist und der Arbeitnehmer keine Schuld daran trägt, entfällt eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Der Antrag sollte zeitnah bei der Bundesagentur für Arbeit eingereicht werden, um die lückenlose Zahlung des Arbeitslosengeldes zu gewährleisten.
12. Das Wichtigste zur betriebsbedingten Kündigung
- Eine betriebsbedingte Kündigung ist ein komplexer Prozess, der umfangreiche rechtliche Vorgaben berücksichtigt.
- Arbeitnehmern steht es frei, eine Kündigungsschutzklage einzureichen, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung überprüfen zu lassen.
- In den meisten Fällen kann eine faire Abfindung oder eine einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung eine praktikable Lösung darstellen.
- Beide Seiten sollten sich bei einer Kündigung rechtzeitig informieren und gegebenenfalls anwaltlichen Rat einholen, um ihre Rechte zu schützen und eine optimale Lösung zu finden.
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